an zwei Wochenenden im November hat Brigitte Schmidt (Ressortleitung Kanu
Wildwasser im Hamburger Kanu Verband) die Kanusportlerinnen und Kanusportler des Vereins Oberalster zur Lactatmessung eingeladen. Beobachter staunten über das Ritual:
Der Sportler paddelt einige Minuten auf der Alster hin und her, kommt zum Bootshaussteg und lässt sich von Nadine Wiegers (medizinische Fachkraft) gekonnt ein paar Tropfen Blut am Ohrläppchen entnehmen. Ein kleines Messgerät bestimmt einen Wert, der in eine Liste eingetragen wird. Das Ganze wiederholt sich einige Male.
In einem kleinen „Fachtext“ erklärt uns Nadine, warum die Lactatmessung so wichtig für den Sportler ist.
Auf der Basis der ganz individuellen Auswertungen erstellt unser Europameister Finn Hartstein wöchentlich neue Trainingspläne für die Wildwasserrennsportler der Renngemeinschaft Nord. So bereiten wir uns intensiv auf die Saison 2022 vor.
Warum messen wir bei Leistungssportlern in regelmäßigen Abständen den Lactatwert im Blut?
Hier ein kleiner Ausflug in die Sportmedizin:
Lactat oder auch Milchsäure entsteht, wenn unser Körper mehr Sauerstoff verbraucht, als er bereitstellen kann.
Wenn wir Sport treiben wird unser Stoffwechsel angekurbelt und der Körper benötigt Energie. Diese bekommt er durch die Verbrennung von Kohlenhydraten. Bei moderater Belastung erfolgt diese Energiegewinnung mit Hilfe des eingeatmeten Sauerstoffs. Dieser reicht jedoch ab einem bestimmten Punkt nicht mehr aus, um den gesamten Energiebedarf der Muskeln zu decken.
Hier kommt Lactat ins Spiel.
Unser Körper schaltet bei andauernder Anstrengung automatisch auf den anearoben Stoffwechsel um.
Die aerob/anaerobe Schwelle wird überschritten. Sie liegt dort, wo der Lactatspiegel im Blut zu steigen beginnt.
Unser Körper wandelt dann in sehr kurzer Zeit Zucker in Milchsäure um und setzt so sehr viel Energie frei.
Bei diesem Prozess ensteht als Stoffwechselabfallprodukt das Salz der Milchsäure, das Lactat.
Nach einer gewissen Zeit, bei gleichbleibender oder auch steigender Anstrengung und steigender Herzfrequenz steigt somit das Lactat im Blut relativ schnell an. Es wird dann mehr Lactat erzeugt, als unser Körper im Stande ist es abzubauen.
Steigt die körperliche Belastung weiter, steigt auch der Lactatwert im Blut weiter an.
Wann dieser Punkt der Übersäuerung erreicht ist und das Lactat gebildet wird, ist von Sportler*in zu Sportler*in unterschiedlich.
Vereinfacht ausgedrückt: Jeder Mensch hat seine eigene Belastungsschwelle für die Lactatbildung.
Aus sportwissenschaftlicher Perspektive ist dieser gemessene Lactatwert von enormer Bedeutung. Er gibt Aufschluss über die Leistungsfähigkeit und die individuelle Stoffwechselsituation jeder einzelnen Sportler*in. Die anearobe Schwelle wird im Zusammenhang mit der Herzfrequenz bei der jeweiligen Belastung und der damit verbundenen Lactatbildung ermittelt.
Gemessen werden jeweils mehrere Lactatwerte bei konstant steigender Herzfrequenz,
Über das Verhältnis der Herzfrequenz zu dem gebildeten Lactat lässt sich die jeweils individuelle anearobe Schwelle ermitteln.
Trainiert ein Sportler demnach regelmäßig im Intervall an seiner ermittelten Schwellev,lässt sich diese Schwelle nach hinten verschieben. Das bedeutet eine Leistungssteigerung.
Eine Übersäuerung und somit Ermüdung der Muskeln durch zu schnell und zuviel gebildetes Lactat wird gewissermaßen hinausgezögert.
Profisportler sind auf die gemessenen Lactatwerte angewiesen, um ihre Trainingspläne präzise anzupassen.
Wird im “steady state”trainiert, also genau in dem Bereich in dem Lactatbildung und Abbau einander ausgleichen, wird gesund und ohne Muskelkater trainiert. Trozdem kann die Leistung stets minimal gesteigert werden.